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Zum Gedenken an Carl-Ludwig von Boehm-Bezing

Von Andreas Bomba

Es war 1995. Die Bachwoche Ansbach würde bald ihren 50. Geburtstag feiern können. Noch saßen einige „Pommersfeldener“ im Publikum, ihre geliebte Bachwoche florierte wie eh und je. Die deutsche Einheit war vollzogen, der Besuch der originalen Bachstätten damit ohne weiteres wieder möglich. Man diskutierte leidenschaftlich über die historischen Instrumente, die vor allem die jüngeren Musikerinnen und Musiker bevorzugten, dazu die immer kleiner werdenden Chöre – Zeichen des gewachsenen Bewusstseins der historisch informierten Aufführungspraxis, aber auch der Professionalisierung der Bach-Musik-Szene.

Vor gerade drei Jahren hatte die Bachwoche sich eine neue Verfassung gegeben; Dr. Andreas Kleffel, der erste Vorsitzende der „Freunde der Bachwoche Ansbach e.V.“, der damalige Ansbacher Oberbürgermeister Ralf Felber sowie der seit 1975 amtierende Regierungspräsident Heinrich von Mosch hatten im September 1992 einen Vertrag zur Errichtung einer „Bachwoche Ansbach GmbH“ geschlossen, eine weise, bis heute tragfähige Entscheidung im Hinblick auf die Unabhängigkeit und die Finanzierung der Bachwoche. Es wurde ein Kuratorium aus je vier Vertretern von Stadt und Verein installiert, den Vorsitz übernahm der Vorsitzende des Vereins, die Stellvertretung der jeweilige OB. Zum Geschäftsführer wurde Hans-Georg Schäfer ernannt, der die Bachwoche seit bereits 15 Jahren künstlerische verantwortete und sich nun auch mit dem Titel „Intendant“ schmücken durfte.

Kleffel legte bei der Mitgliederversammlung 1995 den Vereinsvorsitz aus Altersgründen nieder. Zum Nachfolger wurde, „ohne Gegenstimme bei zwei Enthaltungen“, wie das Protokoll lakonisch festhält, Carl-Ludwig von Boehm-Bezing gewählt. „Im Beirat seit 1991“, so hatte er sich vorgestellt, „Jahrgang 1940, Vorstandsmitglied der Deutsche Bank AG, Vorsitzender des Frankfurter Bachvereins sowie des Freundeskreises der Frankfurter Oper und stv. Vorsitzender beim Verein Beethoven-Haus in Bonn.“ Satzungsgemäß übernahm er dann auch den Vorsitz des Kuratoriums der GmbH.

Zwei große Projekte nahm von Boehm-Bezing zügig in Angriff. Zum einen lag ihm an der langfristigen Sicherung des privaten Anteils an der Finanzierung der Bachwoche. „In den vergangenen Jahren sei insbesondere der hohe private Anteil ein wichtiges Argument für die Erlangung der Zuschüsse von Bund, Land, Kreis und Stadt gewesen“, heißt es im Protokoll der Mitgliederversammlung von 1997 – ein Argument, das bis heute Gültigkeit besitzt. Um das für die Errichtung einer Stiftung nötige Kapital beizubringen, gründeten Vorstand und Beirat des Vereins der Freunde einen „Stifterverein“. Er steht unter Schirmherrschaft des Regierungspräsidenten und sammelt finanzielle Mittel bis heute.

Ganz praktisch ließ sich von Boehm-Bezing gewinnen, die große Orgel in der St. Gumbertuskirche mit ihrem prächtigen, raumfüllenden Prospekt zu restaurieren. Genauer: die in Ansbach und der Kirchengemeinde intensiv diskutierte (und kostspielige!) Restaurierung der größten historischen Orgel Mittelfrankens voranzubringen, indem die Bachwoche und private Spender einen nicht unerheblichen finanziellen Beitrag leisten würden. Zuhören können und sich mit guten Argumenten überzeugen lassen: das gehörte zu den Stärken Carl-Ludwig von Boehm-Bezings. Einmal überzeugt vermochte er mit seinem Charme auch andere für solche Vorhaben zu gewinnen. Es sollte zwar noch zehn lange Jahre dauern, schon war mit Dr. Bomba ein Nachfolger für Dr. Lotte Thaler im Intendantenamt, die ihrerseits 2001 Hans-Georg Schäfer beerbt hatte, bis die restaurierte Wiegleb-Orgel bei der Bachwoche erstmals erklang. Sogar der damalige Ministerpräsident des Freistaates Bayern war dabei; der immer wieder von Vereinsmitgliedern geäußerte Wunsch, auch im Abonnement große Orgelkonzerte zu hören, lässt sich seither wunderbar erfüllen. 

Carl-Ludwig von Boehm-Bezing wirkte gerne im Hintergrund. Das inhaltliche Tableau überließ er loyal und vertrauensvoll dem Intendanten, den er uneingeschränkt mit Rat und Tat unterstützte, was diese oder jene kritische Frage nicht ausschloss. Er leitete die Sitzungen korrekt und umsichtig – das mag banal klingen, sorgte aber in der eher extrovertierten, schillernden Kulturwelt für ungewohnt konstruktive Ruhe an der Basis. Und für solide Finanzen! Zur Bachwoche kam von Boehm-Bezing zusammen mit seiner Gemahlin gerne und regelmäßig, bis zuletzt. Als er im Jahre 2009, nun seinerseits aus Altersgründen, sein Amt niederlegte, verlieh ihm der Verein die Ehrenmitgliedschaft, während die Stadt Ansbach ihm im Rahmen einer denkwürdigen improvisierten Stadtratssitzung im Museumshof die erstmals vergebene Ehrenmedaille der Stadt überreichte.

Wir werden ihn vermissen bei der Bachwoche, aber uns doch auch immer wieder mit Respekt und Dankbarkeit an ihn erinnern.

 

Gipfeltreffen beim Staatsempfang 2015 (von links nach rechts): die Bachwoche-Vorsitzenden Carl-Ludwig von Boehm-Bezing (bis 2009), Jürgen Fitschen (aktuell) und Hermann-Josef Lamberti (bis 2015)

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